Das Symposium Dis/Assembly of Performative Things widmet sich Performance als eine Strategie, die Designer*innen in den letzten Jahren vermehrt als eigenständige und kritische gestalterische Praxis etablieren. Durch die Arbeit mit und durch den Körper tritt das Objekt in den Hintergrund und die Performativität von Design ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Es eröffnet sich ein Raum, um die Designdisziplin, die Kontexte, in denen sie agiert, sowie die Realitäten, die sie hervorbringt, in Frage zu stellen. Auf welche Weise designen Objekte unsere Körper und unsere Identität? Welche Entwurfs- Produktions- und Distributionschoreographien liegen hinter den Dingen? Und inwiefern geben sie Aufschluss über die Machtverhältnisse, in welche die Objekte, ihre Designer*innen und ihre Produzent*innen im Rahmen globaler Wertschöpfungsketten eingebettet sind? An zwei Tagen bringt die Dis/Assembly Akteur*innen aus Wissenschaft und gestalterischer bzw. künstlerischer Praxis zusammen. Gemeinsam wollen wir den Blick für die Geformtheit und Formbarkeit unserer sozialen Lebenswelt schärfen, über Verbindungslinien zur Performance Kunst spekulieren und so auch zu einer transdisziplinären und intersektionalen Geschichte der Performance-Produktion beitragen.
Diese Online-Plattform bietet vorab Einblicke in das Programm. Die nachstehenden Fragen sind mit offenen Dokumenten verknüpft, in denen Ihr Gedanken und Hinweise zum Thema einbringen könnt! Leider mussten wir uns dazu entscheiden, den hybriden Anteil der Veranstaltung abzusagen. Alle Programmpunkte können aber weiterhin vor Ort im VIKA in Halle besucht werden. Wir planen, im Nachgang der Veranstaltung Videodokumentation zur Verfügung zu stellen. (mehr erfahren)
The symposium Dis/Assembly of Performative Things is dedicated to performance as a strategy that designers increasingly establish as a means of questioning the design discipline, the contexts it operates in as well as the realities it produces. Working with and through the body, these performances and choreographies bring to light the performativity of things and show how discriminatory (gender) norms and exploitative structures are re/inforced through design. Over the course of two days, the event assembles representatives from academia, art and design. Speculating about connecting lines to performance art, the symposium aims at contributing to a transdisciplinary history of performance production.
This online platform offers advance insights into the program. The questions below connect to open documents where you are invited to share any thoughts and hints on the topic! Unfortunately we had to cancel the streaming option for this event. The whole program can still be experienced on site at the project space in Halle (Saale), Germany. We are planning to share video documentation later on. (Read More)
Info
26.10.-27.10.2022
Kunstraum Vika e.V,
Adam-Kuckhoff-Straße 19, 06108 Halle (Saale)
Kontakt & Registrierung: disassembly.design@gmail.com
Team
Projektleitung
Leoni Fischer (she/her) ist Produktdesignerin und studiert Kunstwissenschaften im Master an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule in Halle (Saale). Vor diesem Hintergrund ist sie auf der Suche nach transdisziplinären Kontinuitäten und Verbindungslinien sowie feministischen Bündnissen zwischen Kunst und Design. Besonders interessieren sie Fragen nach der Geschlechtlichkeit der Dinge, ihre Performativität und die Machtverhältnisse, die an ihnen zu Tage treten. Als Kuratorin der Dis/Assembly möchte sie einen Raum für Vernetzung und persönlichen Austausch zwischen den Teilnehmenden schaffen. www.leonifischer.com
Leoni Fischer (she/her) is a product designer and studies art history in the master's program at Burg Giebichenstein Kunsthochschule in Halle (Saale). Against this background she is searching for transdisciplinary continuities and lines of connection as well as feminist alliances between art and design. She is particularly interested in questions about the gendering of things, their performativity, and the power relations that come to light in them. As curator of Dis/Assembly, she wants to create a space for personal exchange between the participants.
FEM-Power
Das landesweite Gleichstellungsprojekt FEM-Power ist seit 2016 an der BURG vertreten und hat es sich “zur Aufgabe gemacht, Zugänge der interdisziplinären Geschlechterforschung an der BURG zu etablieren und im Hochschulalltag auf die Erhöhung einer gendersensiblen Kommunikations- und Arbeitsstruktur hinzuwirken. Auf allen Ebenen der Kunsthochschule sollen Frauen mobilisiert, positioniert und weiter qualifiziert werden. Hierfür unterstützt es u. a. die ehrenamtliche Gleichstellungsarbeit an der BURG und setzt sich für eine geschlechtersensible und intersektionale Praxis in den Hochschulstrukturen ein.”
Die Dis/Assembly of Performative Things kooperiert mit der FEM-Power Ausstellung Juicy Things, die vom 11.10. bis zum 06.11.2022 in der Burg Galerie im Volkspark der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle stattfindet. Als Satellit stellt das Symposium hier einen Teil des Rahmenprogramms dar.
The state-wide gender equality project FEM-Power has been operating at BURG since 2016 and has "set itself the task of establishing approaches to interdisciplinary gender research at BURG and working towards increasing a gender-sensitive communication and work structure in everyday university life. Women are to be mobilized, positioned and further qualified at all levels of the art academy. To achieve this, it supports, among other things, the voluntary equality work at BURG and advocates for gender-sensitive and intersectional practices in the university structures." The Dis/Assembly of Performative Things collaborates with the FEM Power exhibition Juicy Things, which takes place from 11.10. to 06.11.2022 at the Burg Galerie im Volkspark of the Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. As a satellite, the symposium here represents a part of the accompanying program.
Soft & Messy
Das Poster-Zine Soft and Messy zeigt queerfeministische, aktivistische Perspektiven im Design auf - mit dem Ziel, ein neues Bewusstsein zu schaffen und patriarchalen und diskriminierenden Strukturen im Design den Rücken zu kehren. In Kollaboration mit Soft & Messy entsteht eine Ausgabe des Zines zur Dis/Assembly.
The poster zine Soft and Messy presents queerfeminist, activist perspectives in design - with the goal of creating a new consciousness and turning its back on patriarchal and discriminatory structures in design. In collaboration with Soft & Messy, an issue of the zine will be produced on the topics of the Dis/Assembly.
Studium Digitale
Das Projekt Studium Digitale an der BURG beschäftigt sich mit der Verschränkung digitaler und analoger künstlerischer Prozesse und deren Übersetzung in digitale Formate. Die Dis/Assembly of Performative Things wird im Bereich Live-Streaming und digitaler Auftritt vom Studium Digitale Team unterstützt.
Studium Digitale, as a project at BURG, is concerned with the interweaving of digital and analog artistic processes and their translation into digital formats. The Dis/Assembly of Performative Things is supported by the Studium Digitale team in the area of live streaming and digital performance.
Glossary
Dis/Assembly
Der Begriff der 'Assembly' beschreibt im englischen den Akt des Zusammenkommens einer Gruppe zu einem gemeinsamen Zweck. Er beschreibt auch das Zusammenfügen von Bauteilen zu einem vollständigen Objekt, einer Struktur oder einer Einheit. Dieses Symposium möchte kritische Designer*innen , Künstler*innen und Wissenschaftler*innen rund um das Thema Performance, Performativität und Design versammeln. Doch einmal versammelt machen wir uns gleich ans Zerlegen: Als 'Disassembly' wollen wir die Dinge dekonstruieren, um die Bedingungen ihrer Herstellung, ihren Kontext, die historischen Umstände und Traditionen, aus denen sie entstanden sind, sowie die Konventionen, nach denen ihre Designer*innen gehandelt haben, sichtbar zu machen. Strategien der Dekonstruktion sind in den Werken feministischer Theoretikerinnen und Künstlerinnen weit verbreitet.
The term Assembly describes the act of gathering together as a group for a common purpose. It also describes the fitting together of manufactured parts into a complete object, structure, or unit. This symposium seeks to assemble critical designers, artists and thinkers around the topic of performance, performativity and design. But once assembled, we immediately set up a disassembly line: we want to deconstruct designed objects in terms of making visible the conditions of their production, their context , the historical circumstances and tradition from which they arose as well as the conventions according to which their designers did or did not operate. Deconstructive strategies have been widely incorporated in the work of feminist theorists and artists.
Performance & Performativität
Der Begriff der Performativität entspringt der Hinwendung der Geisteswissenschaften ab den 1990er Jahren zu den Tätigkeiten des Herstellens, Produzierens, Machens sowie den Handlungen, Austauschprozessen, Veränderungen und Dynamiken, durch die sich bestehende gesellschaftliche Strukturen auflösen und neue herausbilden. Im diesem Zuge rückte das performative Aushandeln und Herstellen von Kultur in den Fokus. Mit der Metapher „Kultur als Performance“ trat eine Begrifflichkeit in den Vordergrund, die dem Theater entliehen ist – Inszenierung, Spiel, Maskerade, Spektakel. Diese Verschiebung des wissenschaftlichen Interesses fällt zusammen mit einem "Performativitätsschub" in vielen kulturellen Feldern der postindustriellen Gesellschaften. Seit den 1960er Jahren überwiegt der Aufführungscharakter in den Künsten immer mehr den Artefaktcharakter. Die Künstler*innen dieser Zeit, haben mit ihren Aktionen zur Herausbildung eines neuen Genres geführt – der Performance Kunst.
The concept of performativity originates in the 1990s, when the humanities developed a strong interest toward the activities of making, producing, doing, as well as the actions, processes of exchange, changes, and dynamics through which existing social structures dissolve and new ones emerge. In the course of this, the performative negotiation and making of culture came into focus. With the metaphor "culture as performance" a terminology borrowed from theater came to the fore - staging, play, masquerade, spectacle.This shift in scholarly interest coincides with a "performativity surge" in many cultural fields of post-industrial societies. Since the 1960s, the performance character in the arts has increasingly outweighed the artifactual character. The artists of this time (Fluxus artists, for example) have led to the emergence of a new genre - performance art.
Geschlechtsidentität und Performativität
Judith Butler (1991), eine Pionierin der feministischen Theorie, hat Performativität für die Gender Studies bedeutend gemacht (wobei nun ihre Weiterentwicklung der Theorie wieder aus anderen Gebieten angeeignet wird). Ihr Verständnis von Performativität besagt, dass Geschlechtsidentität nicht nur durch den performativen Sprechakt "Es ist ein Mädchen" begründet ist, sondern auch durch die Wiederholung von Praxen, die als «Mann sein» oder «Frau sein» historisch etabliert sind, (zwanghaft) immer neu aufgeführt. In der Wiederholung liegen aber auch der Handlungsraum des Subjekts und die Möglichkeit zur Subversion: Es ist möglich, nicht exakt zu wiederholen, Fehler in der Wiederaufführung zu machen und darüber Verschiebungen zu produzieren. In diesem Sinne Beschreibt Performativität, dass Wirklichkeit durch die (Wieder-)Aufführung von historisch gewachsenen Handlungsmöglichkeiten hergestellt wird (vgl. Nora Landkammer, ZhdK).
Judith Butler (1991), a pioneer of feminist theory, has made performativity significant to gender studies (though now her further development of the theory is again appropriated from other fields). Her understanding of performativity holds that gender identity is not only grounded in the performative speech act "It's a girl" but also (compulsively) continually performed through the repetition of practices historically established as "being a man" or "being a woman." In repetition, however, also lie the subject's agency and the possibility for subversion: it is possible not to repeat exactly, to make mistakes in the re-performance, and to produce shifts about it. In this sense, performativity describes that reality is produced through the (re)performance of historically grown possibilities of action (See: Nora Landkammer, ZhdK).
Feminismus & Performance Kunst
Das Aufkommen der Performance Kunst war auf vielschichtige Weise mit der zweiten Welle des Feminismus in den 1960er Jahren verknüpft. Sie entwickelte sich im Kontext bedeutender sozio-ökologischer Umbrüche und bot Künstlerinnen einen wichtigen Möglichkeitsraum abseits männlich dominierter Kunstformen. Dieser Aspekt scheint im Kontext performativer Designpraktiken relevant, da hier auffällt, dass viele weibliche und nicht-binäre Personen einen performativen Gestaltungsansatz verfolgen. Dieser Aspekt spricht für eine interdisziplinäre Auseinandersetzung zwischen Kunst und Design, bei der zugleich aktuelle feministische, ökologische und kapitalismuskritische Belange verhandelt werden.
The emergence of performance art was linked in many ways to the second wave of feminism in the 1960s. It developed in the context of significant socio-ecological upheavals and offered women artists an important space to make art outside of male-dominated art forms. This aspect seems relevant in the context of performative design practices, where it is noticeable that many female and non-binary individuals pursue a performative approach. This aspect speaks for an interdisciplinary discussion between art and design, in which current feminist, ecological and economic concerns are negotiated.
Intersektionalität
Das Konzept der Intersektionalität entstammt dem Black Feminism und der Critical Race Theory. Ihren Kern bildet die Auffassung, dass soziale Kategorien wie Geschlecht, Sexualität, Race, soziale Klasse und Behinderung selten eindimensional auftreten, sondern sich überkreuzen und wechselseitig aufeinander aufbauen. Das Konzept der Intersektionalität fasst daher die gegenseitigen Abhängigkeiten oder Wechselwirkungen verschiedener Ungleichheitskategorien. Denn diese können weder isoliert betrachtet noch einfach kumuliert werden. Vielmehr ist eine Analyse ihrer Gleichzeitigkeiten, Verbindungen und Widersprüche notwendig (vgl. Glossar der ZhdK).
The concept of intersectionality stems from Black Feminism and Critical Race Theory. At its core is the notion that social categories such as gender, sexuality, race, social class, and disability are rarely one-dimensional, but intersect and build on each other. The concept of intersectionality therefore captures the interdependencies or interactions of different categories of inequality. Yet, these can neither be viewed in isolation nor simply cumulated. Rather, an analysis of their simultaneities, connections and contradictions is necessary (See: Glossary of ZhdK).
Geschlechternormen
Nicht nur in unserer Gesellschaft werden Menschen, deren Geschlecht in der Grauzone zwischen "männlich" und "weiblich" liegt, diskriminiert. Die herrschende Geschlechternorm ist daher die "Zweigeschlechtlichkeit" oder "binäres Geschlechtersystem". Dieses bezeichnet die Annahme, dass es ausschließlich und genau zwei Geschlechter gäbe - weiblich und männlich - die sich durch ihre Körper grundsätzlich voneinander unterscheiden und einteilen lassen würden. Menschen können im Verständnis der Zwei-Geschlechterordnung also nur Mann oder Frau sein. Queere Menschen, wie z.B. intergeschlechtliche oder nicht-binäre Personen, haben in diesem System keinen Platz. Die Zwei-Geschlechterordnung ist eine gesellschaftliche Konstruktion, die durch Normen, Regeln und Verhaltensweisen entsteht und aufrecht erhalten wird. Sie kann gewaltvoll sein, wenn Personen oder ihre Körper in ein binäres Geschlecht gezwängt werden sollen. Die Zwei-Geschlechterordnung ist nicht zeitlos und unveränderbar. Sie ist als Vorstellung von Geschlecht im europäischen Raum erst ca. seit dem 18. Jahrhundert etabliert.
Dieser Eintrag wurde aus dem hilfreichen Glossar der Tagung FRAUEN*SACHE! in Oldenburg übernommen.
It is not only in our society that people whose gender lies in the gray area between "male" and "female" are discriminated against. The prevailing gender norm is therefore the "binary gender system". This term denotes the assumption that there are exclusively and exactly two genders - female and male - which are fundamentally distinguishable and classifiable by their bodies. Thus, in the understanding of the two-gender system, people can only be male or female. Queer people, such as intersex or non-binary people, have no place in this system.The two-gender order is a social construction that is constructed and maintained through norms, rules, and behaviors. It can be violent if persons or their bodies are to be forced into a binary gender.The two-gender order is not timeless and unchangeable. It has been established as a conception of gender in Europe only since about the 18th century.
This entry was taken from the helpful glossary of the conference FRAUEN*SACHE! in Oldenburg.
Thank you
Die Dis/Assembly of Performative Things wird unterstützt durch den Ulmer Verein und den Projekten FEM Power und Studium Digitale an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle sowie das Studentenwerk Halle.
The Dis/Assembly of Performative Things is kindly supported by the Ulmer Verein and the project FEM Power at Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle as well as the Studentenwerk Halle.
Covid-19
Die Dis/Assembly of Performative Things soll sowohl online als auch vor Ort in Halle stattfinden. Der Vor-Ort-Teil wird im Rahmen der geltenden Corona-Maßnahmen abgehalten. Sollte die Pandemieentwicklung ein physisches Zusammenkommen unmöglich machen, wird die Konferenz vollständig in den digitalen Raum verlagert. Die aktuellen Covid-19 Regelungen und Maßnahmen an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle findet Ihr hier.
The Dis/Assembly of Performative Things is planned to take place both online and on-site in Halle. The on-site part will be held within a Covid-hygiene-approved programme. If the pandemic developments make a physical gathering impossible, the conference will move completely into the digital space. The current Covid-19 regulations and measures at the Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle can be found here.
Vika e.V. wird gefördert von der Kunststiftung Sachsen-Anhalt
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